Rauchen wie im Krieg

Rauchen wie im Krieg

Kriegsware Typ „4 Pfennig“

Einen Weltkrieg gegen den Tabak gab es vor 75 Jahren noch nicht, aber dafür einen anderen großen Waffengang, an dem maßgeblich und ursächlich ein Tabakbekämpfer (mit österreichischem Migrationshintergrund) und sein ebensolches Regime beteiligt waren. Ohne den 2. Weltkrieg bzw. nach einem Endsieg hätte sich die Nazi-Politik gegen die Raucher noch weiter verschärft als ohnehin schon. Maßnahmen, die wir aus den letzten Jahren kennen, wie Rauchverbote an bestimmten Orten und für Jugendliche, massive Werbeeinschränkungen und staatliche Antirauch-Propaganda, wurden bereits damals eingeführt.

Ganz so weit wie heute hatte es die gesundheitsfaschistische Diktatur in ihren paar Jahren aber nicht geschafft. Gängelungen wie die EU-Tabakproduktrichtlinien, so weitgehende Rauchverbote und so turmhohe Knebelsteuern wie mittlerweile hätten sich die Herren Hitler und Himmler damals höchstens feucht erträumt.

Manche Tabakwaren aus ihrer Zeit haben alle Irrungen und Wirrungen überstanden und werden heute zum Kauf angeboten, z.B. auf Plattformen wie Ebay. Nicht zum Rauchen, sondern als Dekorationsartikel bzw. Sammlerstücke. Ein Händler etwa bietet allerlei Zigaretten und Zigarren von um 1940 an, darunter ungeöffnete Schachteln Overstolz oder R6. Originalpreis: Ein paar Reichspfennig.

Grundsätzlich rät auch das Netzwerk Rauchen vom verspäteten Konsum ab, allerdings machen einige unserer Mitglieder eine Ausnahme bei einem etwas speziellen Produkt: Bei der „Sondermischung Typ 4 Pfg“, bei einem Händler in größerer Stückzahl erhältlich, handelt es sich um ein zeithistorisches Kuriosum: Eine deutschsprachige Schachtel mit einem Aufdruck der französischen Armee, der mit einer Steuerbanderole des Dritten Reichs überklebt wurde – inklusive Hakenkreuz, welches seinerzeit wiederum überdruckt wurde, aber noch erkennbar ist. Womöglich hat das mit den unmittelbaren Nachkriegswirren zu tun, wo solche Zigaretten unter den Alliierten noch eine Zeitlang im Verkehr geblieben waren.

Ovale Zigarettenform und Orienttabake (wenn auch mit zwangsweiser Beimischung anderer Sorten) lassen die Rauchwaren exotisch wirken, starb doch beides in der Nachkriegszeit irgendwann bei uns aus. (Siehe z.B.: „Aus gutem Grund war Juno rund“.) Selbstlose Selbstversuche verschiedener Netzwerk-Rauchen-Mitglieder ergaben, dass der Genuss dieses über 70 Jahre alten Tabakprodukts durchaus noch möglich sein kann. Gemäß Deutschem Zigarettenverband (DZV) kann man heutige Zigaretten bei guten Bedingungen bis zu zwei Jahren aufbewahren, ohne Geschmackseinbußen fürchten zu müssen. Diese Charge der alten „Sondermischung“ hingegen scheint auffällig gut gelagert worden zu sein, trotzdem empfehlen wir – Käufern, die einen Deko-Artikel unbedingt auf eigene Gefahr (!) rauchen wollen ­­– die vorherige Anfeuchtung etwa in einem Humidor. Das Orientaroma entfaltet nach all den Jahrzehnten sicher nicht seine volle Wirkung, aber eine leichte Ahnung erhält man schon. Bei Vorbehalten gegenüber filterlosen Zigaretten sei ein Mundstück angeraten.

Immerhin: Man bleibt von staatlichen Höchstwerten, EU-Aromaverboten, der Selbstauslöschung heutiger Zigaretten und anderen Schikanen verschont. Der Packungshinweis „Verkauf erfolgt nur gegen Rückgabe einer leeren Packung“ könnte die Grünen auf Pfand-Ideen bringen. Wäre ja nicht das erste Mal, dass sie von ihren braunen Vorfahren abkupfern.

Feuerstein